Kommunikation

Zur Partnerschaft von Blick und EPFL

28.05.2021

Martin Amrein

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martin.amrein@nzz.ch

Wissenschaftsjournalismus oder Hochschulkommunikation?

Blick Romandie und die EPFL arbeiten zukünftig zusammen. Die Rollenverteilung dabei ist allerdings problematisch.

Am 20. Mai haben das Online-Medium Blick Romandie und die ETH Lausanne (EPFL) eine Partnerschaft angekündigt, um «Wissenschaftsjournalismus zu produzieren». Ab Juni wird die EPFL ihre News-Artikel Blick Romandie zur Verfügung stellen, zudem erscheinen auf der Website der Zeitung regelmässig Artikel und Kolumnen von EPFL-Professorinnen und -Professoren. Darüber hinaus soll gemeinsam eine künstliche Intelligenz entwickelt werden, um «die journalistische Arbeit zu unterstützen».

Zwar begrüsst der Schweizer Klub für Wissenschaftsjournalismus (SKWJ) grundsätzlich Initiativen, um wissenschaftliche Erkenntnisse in der Gesellschaft zu verbreiten. In diesem Fall ist der Vorstand des SKWJ aber besorgt, dass institutionelle Kommunikationsarbeit und Wissenschaftsjournalismus allzu sehr miteinander vermengt werden.

Unabhängiger Wissenschaftsjournalismus wird nicht innerhalb einer Institution entwickelt

Das von der EPFL und Blick Romandie kommunizierte Modell ist ein Tabubruch für ein Publikumsmedium. Hier schreiben nicht unvoreingenommene Journalistinnen und Journalisten über wissenschaftliches Schaffen, sondern Vertreterinnen und Vertreter einer Hochschule über ihr eigenes Arbeitsfeld. Eine unabhängige Sicht auf die Forschung und ihre Themen ist damit nicht gegeben.

Wie jede andere Form des Journalismus muss auch der Wissenschaftsjournalismus unabhängig und unparteiisch sein können. Bei der jetzigen Initiative handelt es sich deshalb nicht um einen Ausbau des Wissenschaftsjournalismus, wie es der Blick beschreibt, sondern vielmehr um eine Erweiterung der institutionellen Kommunikation der EPFL.

Es braucht den Dialog zwischen Medien und Hochschulen

Natürlich liefert die Hochschulkommunikation wertvolles Rohmaterial für den Wissenschaftsjournalismus. Aber dieses ist eben nur Ausgangsstoff. Die kritische Beurteilung davon sollte von unabhängigen Journalistinnen und Journalisten erfolgen.

Bei den Texten und Kolumnen von der EPFL wird es sich nicht um Artikel mit einer journalistischen Haltung handeln, da mögen die Autorinnen und Autoren noch so viel Schreibtalent haben.

Es stimmt, dass das Verständnis der Wissenschaft wichtig ist. Es ist der Schlüssel, um gesellschaftlich bedeutende wissenschaftliche Befunde richtig einzuordnen und sich eine Meinung dazu zu bilden.

Allerdings soll Wissenschaftsjournalismus nicht allein wissenschaftliche Phänomene erklären. Er hat gerade auch die Aufgabe, die Wissenschaft zu hinterfragen und sie mit den Bedenken und der Kritik der Öffentlichkeit zu konfrontieren. Es ist somit eine Arbeit, die notwendigerweise unterschiedliche Perspektiven und einen ständigen Dialog zwischen Wissenschaftlerinnen und Journalisten erfordert. Eine Strategie, diese beiden Rollen in Artikeln, die direkt von einer Hochschule stammen, zu vereinen, kann die Schweizer Medienlandschaft nur verarmen lassen.

Der Wissenschaftsjournalismus verdient einen echten Platz in den Medien

Laut den Ankündigungen von letzter Woche soll Blick Romandie auch «Zugang zu den journalistischen Arbeiten der EPFL» erhalten.

Die Frage ist, was damit gemeint ist. Eine Universität betreibt keinen Journalismus, wenn sie über Wissenschaft und Forschung schreibt. Dazu fehlt ihr die Unabhängigkeit. Sollten Texte der Kommunikationsabteilung unkritisch übernommen werden, wäre das höchstbedenklich. Genauso wenig wäre es akzeptabel, dass eine Grossbank die Texte für das Wirtschaftsressort einer Zeitung schreibt.

Es würde uns sehr freuen, wenn der Blick tatsächlich seinen Wissenschaftsjournalismus ausbauen möchte. Dazu müsste die Zeitung aber Stellen für Journalistinnen und Journalisten schaffen und nicht einfach Texte der EPFL übernehmen.

Huma Khamis, Vize-Präsidentin                        

Martin Amrein, Präsident


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